Vermehrter Haarwuchs nach den Wechseljahren – Was steckt dahinter?
- Norman Reffke

- 9. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Juli
Einleitung
Plötzlich wachsen Haare dort, wo vorher nie welche waren – am Kinn, an der Oberlippe oder sogar auf der Brust. Für viele Frauen ein unangenehmes Tabuthema: vermehrter Haarwuchs nach der Menopause. Doch was genau passiert im Körper, wenn das hormonelle Gleichgewicht kippt? Und wie kann man dem auf natürliche Weise entgegenwirken?
In diesem Artikel erfährst du:
warum Androgene nach den Wechseljahren dominieren,
welche biochemischen Prozesse den Haarwuchs im Gesicht und am Körper fördern,
wie du hormonell bedingten Haarwuchs erkennen und beeinflussen kannst.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen im Hormonhaushalt
DHT – Der wahre Motor hinter dem Haarwuchs
Genetik, Stress und Rezeptoren: Warum nicht alle betroffen sind
Symptome und begleitende Veränderungen
Diagnostik & Ausschluss anderer Ursachen
Was hilft wirklich? Natürliche & medizinische Ansätze
Prävention & Lebensstil
Supplemente & Pflanzenstoffe
Wissenschaftliche Studienlage
Fazit & Empfehlungen
Quellenangaben
Ursachen im Hormonhaushalt
Östrogen sinkt, Androgene bleiben
Nach der Menopause fällt der Östrogenspiegel rapide ab. Androgene – insbesondere Testosteron und Androstendion – bleiben hingegen stabil oder sinken nur leicht. Dieses hormonelle Ungleichgewicht sorgt dafür, dass männliche Hormone relativ dominieren, was zu einem veränderten Haarwachstum führen kann.
Die Rolle der Nebennieren
Die Nebennieren übernehmen nach der Menopause die Restproduktion von Sexualhormonen. Gleichzeitig steigt oft das Stressniveau, was zu einer vermehrten Ausschüttung von Cortisol und DHEA führen kann – letzteres ist eine Vorstufe von Testosteron.
DHT – Der wahre Motor hinter dem Haarwuchs
5-Alpha-Reduktase als Schlüsselenzym
Das Enzym 5-Alpha-Reduktase wandelt Testosteron in das sehr wirksame Dihydrotestosteron (DHT) um. DHT wirkt besonders stark auf bestimmte Haarfollikel – es fördert das Wachstum von Borstenhaaren im Gesicht und reduziert gleichzeitig das Kopfhaar (androgenetische Alopezie).
Rezeptorempfindlichkeit
Nicht jede Frau ist gleich stark betroffen – entscheidend ist, wie viele Androgenrezeptoren die Haarfollikel haben und wie empfindlich diese auf DHT reagieren.
Genetik, Stress und Rezeptoren: Warum nicht alle betroffen sind
Genetik: Frauen mit genetisch bedingt hoher Aktivität von 5-Alpha-Reduktase sind besonders anfällig.
Stress: Erhöht Cortisol und verändert die Aktivität der Nebennieren.
Insulinresistenz: Fördert die Umwandlung von Androstendion in Testosteron.
Symptome und begleitende Veränderungen
Vermehrter Haarwuchs im Gesicht (Kinn, Oberlippe, Wangen)
Vereinzelte Härchen an Brust, Bauch, Rücken
Gleichzeitig oft: dünner werdendes Kopfhaar, trockene Haut, Stimmungsschwankungen
Diagnostik & Ausschluss anderer Ursachen
Laborwerte: Testosteron, Androstendion, DHEA-S, FSH, LH, SHBG
Ultraschall: Ausschluss von androgenproduzierenden Ovarialtumoren
Differenzialdiagnosen:
Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
Nebennierenadenom
Medikamente (z. B. Cortison, Danazol)
Was hilft wirklich? Natürliche & medizinische Ansätze
Natürliche Ansätze
Ernährung: ballaststoffreich, leberunterstützend (Bitterstoffe)
Pflanzenstoffe:
Sägepalme (Serenoa repens) – hemmt 5-Alpha-Reduktase
DIM (Diindolylmethan) – unterstützt Östrogenstoffwechsel
Mönchspfeffer – reguliert LH/FSH-Balance
Medizinische Optionen
Topische Antiandrogene (z. B. Eflornithin-Creme)
Orale Antiandrogene (z. B. Cyproteronacetat – nur bei starker Ausprägung)
Lasertherapie, IPL, Epilation
Prävention & Lebensstil
Stressmanagement (z. B. Atemtechniken, Schlafqualität)
Stabilisierung des Blutzuckerspiegels
Verzicht auf Hormone in Kosmetikprodukten
Supplemente & Pflanzenstoffe
Wirkstoff | Wirkung | Dosierung (Beispiel) |
Sägepalme | Hemmt DHT-Produktion | 320 mg/Tag (extrahiert) |
DIM | Östrogenmetabolismus | 100–300 mg/Tag |
Zink | 5-Alpha-Reduktase-Hemmer | 15–30 mg/Tag |
Vitamin B6 | Hormonbalance | 2–5 mg/Tag |
Myoinositol | Insulinregulation | 2.000–4.000 mg/Tag |
Wissenschaftliche Studienlage
Barth JH et al. (2021): Zusammenhang zwischen postmenopausalem Hirsutismus und DHEA-Spiegeln – PubMed
Azziz R. et al. (2019): Ursachen für Hyperandrogenismus – Review zu Androgensensitivität und Genetik
Rittmaster RS (2012): Wirkung von 5-Alpha-Reduktase-Hemmern bei Frauen
Fazit & Empfehlungen
Vermehrter Haarwuchs nach den Wechseljahren ist kein Einzelfall – sondern eine logische Folge des veränderten Hormonmilieus. Die gute Nachricht: Mit gezielter Ernährung, stressregulierenden Maßnahmen und natürlichen Antiandrogenen kann der Prozess oft aufgehalten oder verlangsamt werden. Medizinische Eingriffe stehen bei Bedarf zur Verfügung – sollten aber gut abgewogen werden.
Quellenangaben
Barth JH et al. (2021). "Postmenopausal Hyperandrogenism." Journal of Clinical Endocrinology.
Azziz R et al. (2019). "Hyperandrogenism in Women: Pathophysiology and Treatment." Endocr Rev.
Rittmaster RS (2012). "5α-reductase inhibitors in women." J Clin Endocrinol Metab.



